Wenn Sie Ihre Einkommensteuererklärung erstellen, versuchen Sie natürlich, darin alle relevanten Sachverhalte zu erfassen. Was ist allerdings, wenn Sie nach einiger Zeit feststellen, dass Sie eine Steuerbescheinigung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen vergessen haben und Sie daraus noch Steuer erstattet bekommen würden? Ist es dann noch möglich, dass der bereits bestandskräftige Bescheid noch geändert wird, obwohl Sie selbst daran schuld sind, dass das Finanzamt die Be­scheinigung erst so spät bekommt? Das Finanzgericht Niedersachsen (FG) musste dies entscheiden.

Der Kläger erzielte in den Jahren 2010 bis 2012 neben geringfügigen Einkünften aus gewerblicher und freiberuflicher Tätigkeit noch Einkünfte aus Kapitalvermögen. In den eingereichten Einkommen­steuererklärungen der entsprechenden Jahre beantragte er die Günstigerprüfung, woraufhin die Kapi­talerträge der tariflichen Einkommensteuer unterworfen wurden. Nach Eintritt der Bestandskraft der Bescheide erklärte der Kläger am 10.12.2014 bisher nicht erklärte Kapitalerträge. Diese hatten nur teilweise dem inländischen Steuerabzug unterlegen. Das Finanzamt lehnte eine Änderung der Be­scheide ab, da dies insgesamt zu einer Steuererstattung  führen würde. Zwar würde sich in allen Jahren die bisher festgesetzte Einkommensteuer erhöhen, aber unter Anrechnung der Kapitalertrag­steuer, des Solidaritätszuschlags sowie der anrechenbaren ausländischen Quellensteuer ergäben sich Erstattungen. Eine Änderung komme auch deshalb nicht in Betracht, da den Kläger ein grobes Verschulden treffe.

Das FG gab jedoch dem Kläger recht. Auch eine zu niedrige Steuerfestsetzung kann eine Beschwer auslösen, sofern sich die Festsetzung in bindender Weise auf einem anderen rechtlichen Gebiet ungünstig auswirkt. Das ist hier der Fall, da die durch Steuerabzug erhobene Einkommensteuer nur angerechnet wird, soweit sie auf die bei der Veranlagung erfassten Einkünfte entfällt und keine Er­stattung beantragt wurde. Inwiefern eine nachträglich bekannt gewordene Tatsache zu einer höheren oder einer niedrigeren Steuer führt, ist nicht von den Steueranrechnungsbeträgen abhängig. Unstreitig trifft den Kläger ein grobes Verschulden. Dies ist aber unbeachtlich,denn es besteht ein Zusammen­hang zwischen dem steuererhöhenden Vorgang und der steuerermäßigenden Tatsache. Außerdem stellen nicht dem Steuerabzug unterworfene Kapitaleinkünfte immer steuererhöhende Tatsachen dar.

Hinweis: Sollten Sie einmal feststellen, dass etwas bei einer Steuererklärung vergessen wurde, hel­fen wir Ihnen gern dabei, dies mit dem Finanzamt zu klären.