Bei Unternehmern, deren Umsätze im laufenden Kalenderjahr 50.000 € und im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 € nicht überschreiten, erhebt das Finanzamt keine Umsatzsteuer. Hier greift die sogenannte Kleinunternehmerregelung, sodass diese Unternehmer keine Umsatzsteuer in ihren Rechnungen ausweisen müssen, zugleich aber auch kein Recht zum Vorsteuerabzug haben. Be­steht ihr Kundenkreis vor allem aus Privatkunden, die selbst keinen Vorsteuerabzug geltend machen können, haben Kleinunternehmer den Vorteil, ihre Leistungen am Markt günstiger anbieten zu können als Konkurrenzunternehmen, die Umsatzsteuer ausweisen müssen.

Diesen Vorteil wollte sich kürzlich auch eine Steuerberatungsgesellschaft aus den neuen Bundes­ländern zunutze machen. Sie hatte für ihre Kunden laufende Geschäftsvorfälle verbucht und diese Tätigkeit auf mehrere neu gegründete Gesellschaften (GmbH & Co. KGs) ausgelagert. Die KGs erbrachten ihre Leistungen ausschließlich gegenüber Kunden, die nicht zum Vorsteuerabzug be­rechtigt waren. Die Umsätze der einzelnen KGs blieben jeweils unterhalb der Kleinunternehmer­grenzen. Einige Kunden wurden nacheinander von mehreren Gesellschaften betreut, ohne dass sich dadurch die Leistungsausführung inhaltlich änderte.

Der Bundesfinanzhof urteilte nun auf der Grundlage des EU-Rechts, dass im vorliegenden Fall eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung vorlag und die Anwendung der Kleinunternehmerregelung ver­sagt werden musste, sodass sich die KGs nicht auf die formale Einhaltung der Umsatzgrenzen beru­fen konnten. Der Vereinfachungszweck der Kleinunternehmerregelung wird nach Gerichtsmei­nung verfehlt, wenn eine Tätigkeit planmäßig aufgespalten wird und Umsätze künstlich verlagert werden mit dem Ziel, die Umsatzgrenzen nicht zu überschreiten.

Hinweis: Der Urteilsfall zeigt, dass künstliche Konstruktionen nicht die Vorteile der Kleinunternehmer­regelung vermitteln können. Die Regelung soll nur denjenigen Unternehmen zugutekommen, die auch tatsächlich in geringem Umfang wirtschaftlich tätig sind.