Wenn Schwerbehinderte das Merkzeichen „aG“ (= außergewöhnlich gehbehindert) in ihrem Schwer­behindertenausweis führen, können sie neben dem Behinderten-Pauschbetrag auch die angemesse­nen Kosten für Privatfahrten absetzen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung dürfen bis zu 15.000 km pro Jahr mit jeweils 0,30 € als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden.

Ein noch höherer Kostenabzug kommt nach der Rechtsprechung nur in „krassen Ausnahmefällen“ in Betracht, in denen zwangsläufig ein Fahrzeug genutzt werden muss, für das überdurchschnittlich hohe Kosten anfallen, oder in denen ein Fahrzeug in sehr geringem Umfang bewegt wird, sodass die Kosten pro gefahrenen Kilometer hoch ausfallen. Ein solcher Ausnahmefall ist nach einem neuen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht gegeben, wenn Kfz-Kosten anfallen, die nicht wesentlich höher sind als die bei Mittelklassefahrzeugen durchschnittlich üblichen.

Geklagt hatte ein stark gehbehinderter Mann, der einen Kleinbus fuhr, um seine verschiedenen Hilfs­mittel (u.a. einen mobilen Lifter) unterzubringen. Seine Fahrten wollte er mit 0,77 € pro gefahrenen Kilometer als außergewöhnliche Belastungen abrechnen, das Finanzamt erkannte aber nur 0,30 € an. Die Kilometerpauschale von 0,77 € hatte der Mann aus seinen tatsächlich angefallenen Fahrzeugkosten errechnet.

Der BFH gab nun dem Finanzamt recht und urteilte, dass kein „krasser Ausnahmefall“ im Sinne der Rechtsprechung vorlag, der eine Anrechnung der Aufwendungen von mehr als 0,30 € rechtfertigen würde. Zwar war der Kläger außergewöhnlich stark gehbehindert und auf ein besonderes Fahrzeug angewiesen, die geltend gemachten Kosten lagen aber nicht wesentlich über den durchschnittlichen Fahrzeugkosten eines Mittelklassewagens und begründeten damit keinen „krassen Ausnahme­fall“. Das Gericht zog als Vergleichsmaßstab die sogenannte Schwacke-Liste heran, nach der ein Mittelklassefahrzeug bei einer vierjährigen Haltedauer und einer jährlichen Fahrleistung von 15.000 km bereits Kosten von etwa 0,60 € pro Kilometer verursacht.

Hinweis: Zu beachten ist, dass die Kosten für den behindertengerechten Umbau eines Fahrzeugs als außergewöhnliche Belastungen zusätzlich zu den Kilometerpauschalen abgezogen werden können. Die Umrüstungskosten sind unvermeidbar, weil Automobilhersteller rollstuhlfahrergerechte Pkws nicht serienmäßig und ohne Aufpreis herstellen. Nach der BFH-Rechtsprechung kann der Umrüstungsauf­wand im Jahr der Zahlung in voller Höhe abgesetzt werden. Bei der Berechnung des abzugsfähigen Kilometersatzes müssen dann aber die Anschaffungskosten des Fahrzeugs ohne die Umrüstungskos­ten zugrunde gelegt werden, um eine Doppelberücksichtigung zu vermeiden.