Vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) wurde kürzlich ein interessanter Fall verhandelt, bei dem es um den Zeitpunkt der Auflösung einer „Grundstücksrücklage“ ging. Der Zeitpunkt war im konkreten Fall entscheidend, da zum Auflösungszeitpunkt eine Verschmelzung vorgenommen wurde.
Eine solche Grundstücksrücklage kann für stille Reserven gebildet werden, die durch die Veräußerung eines begünstigten Grundstücks bzw. eines Gebäudes aufgedeckt und versteuert werden müssten. Diese stillen Reserven dürfen in eine Rücklage eingestellt werden, die dann innerhalb einer Reinvestitionsfrist von vier Jahren im Falle des Erwerbs und innerhalb von sechs Jahren im Falle der Neuherstellung eines Gebäudes auf das Reinvestitionsgut übertragen werden müssen. So kommt es faktisch zu einer Steuerstundung.
Beispiel: Eine GmbH veräußert 2015 ein Grundstück, das sie für ca. zehn Jahre als Lagerplatz genutzt hat. Den Veräußerungsgewinn in Höhe von 200.000 € stellt sie in eine Grundstücksrücklage ein. Von dem Veräußerungspreis erwirbt die GmbH 2016 ein anderes Grundstück, das sie fortan als Kundenparkplatz nutzt.
Lösung: Die eigentlich zu versteuernden stillen Reserven in Höhe von 200.000 € kann die GmbH auf den Kundenparkplatz im Wege einer Grundstücksrücklage übertragen. So muss sie die stillen Reserven nicht sofort versteuern, sondern erst dann, wenn auch der Kundenparkplatz verkauft werden würde. Mangels sofortiger Besteuerung steht der GmbH ein höherer Geldbetrag zur Reinvestition zur Verfügung.
Im Urteilsfall lief für eine AG, die eine Grundstücksrücklage in ihrer Bilanz hatte, die Reinvestitionsfrist zum 31.12.2012 aus, sodass die Rücklage zwangsweise aufgelöst und die darin enthaltenen stillen Reserven ebenfalls aufgelöst werden mussten. Zum selben Zeitpunkt wurde die AG auf eine GmbH verschmolzen.
Die klagende GmbH vertrat die Auffassung, dass die Rücklage für eine „juristische Sekunde“ auf sie übergegangen war und sie die Rücklage auflösen musste. Die Betriebsprüfung hingegen meinte, dass die Rücklage noch durch die AG hätte versteuert werden müssen. Das FG pflichtete dem Finanzamt bei und äußerte, dass die der Umwandlung zugrunde liegende Bilanz zeitlich nicht identisch mit der Jahresabschlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers sei. Vielmehr sei die Schlussbilanz gedanklich eine Sekunde vor der Übertragungsbilanz aufzustellen. Da die Rücklage jedoch bereits in der Jahresabschlussbilanz aufzulösen gewesen wäre, hätte diese nicht auf die GmbH übergehen können. Folglich müsse also die AG die Rücklage auflösen und der Besteuerung zuführen.
Hinweis: Das Urteil ist vor allem für unterjährige Umwandlungen von Interesse, da es eine große Rolle spielt, wer die stillen Reserven versteuern muss (übertragender oder übernehmender Rechtsträger). Die Klägerin wollte das Urteil nicht akzeptieren und legte beim Bundesfinanzhof Berufung ein – dort ist der Fall nun anhängig.
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