Ein Unternehmer hat bei Anschaffung eines Gegenstands bzw. Gebäudes ein Wahlrecht, ob eine Zuordnung zum Privat- oder Betriebsvermögen erfolgen soll. Dieses Wahlrecht ist grundsätzlich be­reits bei Anschaffung auszuüben. Aus praktischen Gründen kann jedoch eine zeitnahe Zuordnung auch erst mit Abgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärung erfolgen. Dabei ist gemäß der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) die Abgabefrist (31. Juli des Folgejahrs) einzuhalten.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun in mehreren laufenden Verfahren über diese bisherige Umsetzung zu entscheiden. Strittig ist, ob die Frist unionsrechtlich gerechtfertigt ist, und ferner, ob eine Zuordnung zum Privatvermögen erfolgen darf, soweit keine Anzeichen für eine unternehmerische Zuordnung vorliegen.

Im Streitfall unterhielt der Kläger einen Gerüstbaubetrieb. Er errichtete ein Einfamilienhaus mit einem Arbeitszimmer (Fertigstellung im Jahr 2015). Erst in der im September 2016 eingereichten Umsatz­steuer-Jahreserklärung für das Jahr 2015 – also nach Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist – machte er für die Errichtung des Arbeitszimmers anteilig den Vorsteuerabzug geltend. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug wegen der nicht rechtzeitig erfolgten Zuordnung des Arbeitszimmers zum Unter­nehmensvermögen.

Die anschließende Klage hatte keinen Erfolg. Der Streitfall landete beim BFH. Dieser vertrat im Vor­lagebeschluss die Auffassung, dass nach den von ihm zur Zuordnungsentscheidung entwickelten Kriterien die Revision des Klägers unbegründet sei. Es sei jedoch zweifelhaft, ob ein Mitgliedstaat eine Ausschlussfrist für die Zuordnung zum Unternehmensvermögen vorsehen dürfe. Mit dem Vorabentscheidungsersuchen soll zudem geklärt werden, welche Rechtsfolgen eine nicht rechtzeitig getroffene Zuordnungsentscheidung hat.

Der EuGH muss sich nun erstmalig mit der Frage auseinandersetzen, welche Rechtsfolge eintritt, wenn ein Unternehmer zwar ein Zuordnungswahlrecht hat, dieses jedoch nicht rechtzeitig ausübt. Es ist nun eine einheitliche, mit dem Unionsrecht zu vereinbarende Frist festzulegen. Es bleibt abzu­warten, ob der EuGH dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität oder dem Grundsatz der Rechtssicherheit den Vorzug gibt.

Hinweis: Es sollte dem Finanzamt weiterhin rechtzeitig, also bis zum 31. Juli des Folgejahrs, die Zuordnung zum Unternehmen nachweisbar mitgeteilt werden. Sofern diese Abgabefrist bereits abgelaufen ist, sollten Bescheide im Hinblick auf die zu erwartende Entscheidung des EuGH offengehalten werden.