Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich kürzlich mit der Frage beschäftigt, ob Umsätze, die Gegenstand einer Außenprüfung sind, vom Unternehmer umsatzsteuerlich abweichend von der bisherigen Bewertung behandelt werden können.
Im Streitfall ging es um eine rumänische Handelsgesellschaft, die Raps an eine deutsche Handelsgesellschaft lieferte. Die rumänische Gesellschaft behandelte die Umsätze als innergemeinschaftliche Lieferungen nach Deutschland. Im Rahmen einer Außenprüfung konnte die rumänische Gesellschaft keine Nachweise erbringen, dass der Raps das Land Rumänien verlassen hatte. Das rumänische Finanzamt versagte daher die Steuerbefreiung und forderte die Umsatzsteuer nach. Da die rumänische Gesellschaft gegen den Steuerbescheid vom März 2014 keinen Einspruch einlegte, wurde dieser bestandskräftig. Sie stellte berichtigte Rechnungen unter Ausweis der Umsatzsteuer für inländische Lieferungen an die deutsche Handelsgesellschaft aus. Die deutsche Handelsgesellschaft vertrat jedoch die Auffassung, dass hier die Umkehr der Steuerschuldnerschaft anzuwenden sei, und forderte berichtigte Rechnungen an. Diese stellte die rumänische Gesellschaft aus und beantragte beim zuständigen Finanzamt die Erstattung der zu Unrecht abgeführten Umsatzsteuer. Dieser Antrag wurde aufgrund der Bestandskraft des Steuerbescheids vom März 2014 abgelehnt.
Die Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg. Das Berufungsgericht zweifelte, ob die Vorgehensweise des Finanzamts mit dem Unionsrecht vereinbar ist, und legte die Sache dem EuGH vor. Da die Umkehr der Steuerschuldnerschaft anzuwenden war, musste dem Lieferanten die fälschlicherweise in Rechnung gestellte und abgeführte Umsatzsteuer erstattet werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH konnte die zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer berichtigt werden.
Der EuGH sieht in der Anwendung der Umkehr der Steuerschuldnerschaft keine Gefährdung des Steueraufkommens. Die Bestandskraft des Steuerbescheids vom März 2014 steht der Erstattung nicht entgegen, sofern die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist.
Hinweis: Das Urteil des EuGH könnte auch für in Deutschland geltende Rechtsnormen bedeutsam sein. Sofern die in der Abgabenordnung geregelte Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist, darf eine Steuerminderung gemäß der EuGH-Rechtsprechung nicht verwehrt werden.
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