Das Prinzip folgt dem Spiel von Katz und Maus: Die Zunft der steuerberatenden Berufe ersinnt eine Steuergestaltung, die dem Steuerzahler helfen soll, Steuern zu sparen. Der Gesetzgeber schafft ein Gesetz, welches diese Lücke schließen soll. Die Berater reagieren darauf mit einer neuen Gestaltung. Der Gesetzgeber passt das Gesetz an usw. Genau so läuft es schon, seit es Steuern gibt.

Neben dem steten Versuch, die vermeintlichen Lücken in den einzelnen Steuergesetzen, wie z.B. dem Einkommen-, dem Körperschaft- und dem Umwandlungssteuergesetz, zu schließen, gibt es noch die Generalnorm des sogenannten Gestaltungsmissbrauchs. Danach werden Gestaltungen zur Steuerumgehung generell vom Finanzamt nicht anerkannt, wenn sie außer dem Steuersparen keinen weiteren sachlichen Grund haben. Bislang war diese Vorschrift jedoch ein relativ stumpfes Schwert, denn in der ganz überwiegenden Anzahl der Fälle vor dem Bundesfinanzhof (BFH) verneinte dieser das Vorliegen eines Gestaltungsmissbrauchs.

Mit einem aktuellen Urteil hat der BFH nun jedoch das Verhältnis der in den Einzelsteuergesetzen enthaltenen Regelungen zur Generalnorm des Gestaltungsmissbrauchs geklärt. Danach darf das Finanzamt einen Gestaltungsmissbrauch auch dann prüfen, wenn die Regelungen in den einzelnen Steuergesetzen nicht erfüllt sind. Das Gericht misst dem Gestaltungsmissbrauch also faktisch die Funktion eines Auffangtatbestands zu.

Im konkreten Fall sah der BFH jedoch einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten: Dort wurde im Jahr 2008 eine Gewinngesellschaft rückwirkend auf eine Verlustgesellschaft verschmolzen, wodurch die Gewinngesellschaft in erheblichem Umfang Steuern sparte.

Hinweis: Die im Besprechungsfall aufgetauchte Lücke wurde in der Zwischenzeit auch vonseiten des Gesetzgebers geschlossen: durch eine entsprechende Neuregelung im Umwandlungssteuergesetz. Im Streitjahr gab es diese Lücke noch.