Seit ca. 15 Jahren gibt es in der Rechtsprechung Diskussionen über die Anwendbarkeit der Umsatzsteuerbefreiung auf Privatkliniken. Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze sind nach dem Umsatzsteuergesetz grundsätzlich steuerfrei – vorausgesetzt, diese Leistungen werden von bestimmten Einrichtungen erbracht.
In einem aktuellen Urteilsfall waren Krankenhausleistungen strittig, die von 2009 bis 2012 erbracht wurden. Das Finanzamt versagte die Umsatzsteuerbefreiung, da die Klägerin kein zugelassenes Krankenhaus war. Das Finanzgericht setzte das Verfahren aus und fragte beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) nach. Dieser stellt klar, dass Privatkliniken ähnliche Rahmenbedingungen einhalten müssen wie öffentlich-rechtliche Kliniken (z.B. Vergleichbarkeit der Tagessätze und deren Berechnung). Entscheidend sei, welche finanzielle Belastung der Patient am Ende der Behandlung selbst zu tragen hat. Indiz dafür kann die Kostenübernahme durch einen Träger aus dem System der sozialen Sicherheit sein. Ebenso können die Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit der Klinik (Personal, Ausstattung, Räumlichkeiten) weitere Kriterien für die Vergleichbarkeit mit öffentlichen Krankenhäusern sein.
Hinweis: Es darf nun mit Spannung erwartet werden, wie das vorlegende Gericht die Aussagen des EuGH auf den konkreten Fall anwendet.
Zum Hintergrund: Seit der Anpassung des Umsatzsteuergesetzes zum 01.01.2009 konnten viele Privatkliniken die Umsatzsteuerbefreiung nicht mehr in Anspruch nehmen. Der Gesetzgeber knüpfte die Steuerbefreiung ab diesem Zeitpunkt für Krankenhäuser, die nicht von einem öffentlich-rechtlichen Träger betrieben wurden, an den Bedarfsvorbehalt des Sozialgesetzbuchs. Sofern ein Krankenhaus nicht in den Krankenhausbedarfsplan des entsprechenden Bundeslandes aufgenommen war, konnte es die Umsatzsteuerbefreiung nach deutschem Recht nicht erhalten. Der Bundesfinanzhof hatte allerdings schon im Jahr 2015 entschieden, dass sich Privatkliniken unmittelbar auf europäisches Recht berufen können.
Ab 2020 wurde die Umsatzsteuerbefreiung für Privatkliniken ins deutsche Recht übernommen. Danach sind Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen eines Krankenhauses, das keine Einrichtung des öffentlichen Rechts ist oder bei dem es sich nicht um ein Plankrankenhaus gemäß Sozialgesetzbuch handelt (Privatklinik), steuerfrei, wenn das Leistungsangebot der Privatklinik dem der zuvor genannten Krankenhäuser entspricht. Zudem müssen Kosten von voraussichtlich mindestens 40 % der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung berechnet wurde.
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